Schule ohne Rassismus –Schule mit Courage
Online-Europa-Vortrag am 16.12.2021
Reichsbürger, Selbstverwalter und Identitäre Bewegung- unterschätzte Gefahr? - ein Vortrag von Jochen Zellner
So gut wie jeder von uns, der in Deutschland lebt, ordnet sich dem System unseres Staates, dessen Teil wir alles sind, unter. Wir haben Ausweise, die unsere Staatszugehörigkeit belegen. Ohne Führerschein ein Fahrzeug zu bedienen, wird allgemein als nicht zulässig anerkannt. In Impfpässen wird dokumentiert, gegen welche Krankheit wir eine Impfung erhalten haben. All dies ist für die allermeisten von uns selbstverständlich. Unser Staat beruht auf Regeln und Gesetzen, um ein friedliches und geordnetes Zusammenleben in einer freiheitlichen Demokratie zu ermöglichen.
Verschiedene Gruppierungen der Gesellschaft in Deutschland und Europa haben jedoch eine andere Vorstellung davon, wie der Staat sein sollte und gehen bei dem Versuch, Ihre Ideen durchzusetzen nicht immer friedlich vor.
Jochen Zellner, der stellvertretende Leiter der Europäischen Akademie Bayern, hat uns, der gesamten Q12, am 16.12.21 in einem zweistündigen Online-Vortrag drei solcher Gruppierungen genauer vorgestellt: sogenannte „Selbstverwalter“, selbsternannte „Reichsbürger“ und die „Identitäre Bewegung“.
Die sog. Selbstverwalter verstehen sich als diesem Staat nicht zugehörig bzw. erklären ihren "Austritt" aus der Bundesrepublik. Dabei definieren sie ihr Haus, ihre Wohnung, ihr Grundstück häufig als eigenes Staatsgebiet und markieren es eventuell sogar mit Grenzschildern. Mitunter verteidigen sie ihren selbst erschaffenen "Verwaltungsraum" auch gewalttätig.
Eine weitere solche Gruppe sind die Reichsbürger. Angehörige dieser Gruppierung sind immer noch von der Existenz des Deutschen Reiches bzw. des Dritten Reiches überzeugt. Hierbei wird zwischen dem Deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1919 und dem Dritten Reich von 1933 bis 1945 als Diktatur unter Adolf Hitler unterschieden. Angehörige beider Untergruppen vereinen diverse Verschwörungstheorien. Dabei sind sowohl die Leugnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, als auch die Ablehnung des Grundgesetzes und der bestehenden freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung zu nennen. Aus absoluter Überzeugung entstehen Dokumente wie z.B. Ausweise, Reisepässe, sowie Führerscheine, die die Zugehörigkeit der Person zum Kaiserreich bzw. Dritten Reich zeigen. Des Weiteren verdeutlichen die Angehörigen ihre Überzeugung durch territoriale Markierungen, wie z.B. Flaggen und Fahnen im eigenen Garten oder durch Uniformen. Ein bekanntes Beispiel in diesem Zusammenhang ist Peter Fitzek, der sich selbst als „König von Deutschland“ sieht.
Die dritte rechtsextremistische, auch als verfassungsfeindlich eingestufte Gruppierung ist die Identitäre Bewegung. Sie richtet sich in erster Linie gegen einen „Ethnopluralismus“. Hinter diesem euphemistischen Begriff steht eine rassistische Ideologie, der Wunsch nach kultureller Homogenität, der absurde Gedanke, die Identität der europäischen Kultur müsse von „fremden Einflüssen“ anderer Kulturen gewahrt werden. Das gelb-schwarze Logo der Organisation mit dem griechischen Buchstaben Lambda hat einen geschichtlichen Hintergrund: Das Volk der Spartaner hatte 300 v. Chr. Verwendung des Buchstabens in Schlachten gegen asiatische Invasoren, wobei nicht zuletzt Parallelen zum Logo der Sturmabteilung während der Zeit des Nationalsozialismus erkennbar sind. Mittels Verbindungen zu rechten Parteien in Europa gewinnt die Organisation an Einfluss. Durch Aktionen wie beispielsweise „Defend Europe“ versucht die Bewegung ihre Ziele zu verfolgen, indem sie Flüchtlinge daran hindert, über das Mittelmeer zu gelangen.
Neben öffentlicher Präsenz gewinnt die Bewegung besonders über die sozialen Medien, wie etwa Telegram, an Anhängern. Vor allem die Jugend wird dadurch erreicht, nicht zuletzt durch YouTube Kanäle von Aktivisten wie Martin Sellner mit bereits vielen tausend Abonnenten. Hinzu kommen Prominente wie Xavier Naidoo und Attila Hildmann, die viel Einfluss auf ihre Fans haben und rechtsextremes Gedankengut schnell verbreiten können.
Sowohl Selbstverwalter als auch Reichsbürger und Angehörige der Identitären Bewegung stellen in größerer Anzahl eine potenzielle Gefahr für den Rechtsstaat und die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland im Allgemeinen dar.
Aus diesem Grund ist eine Sensibilisierung der Bevölkerung für diese radikalen Gruppierungen wichtig, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu erhalten. Besonders die Jugend steht hierbei im Fokus des Interesses. Jochen Zellner hat die Schülerinnen und Schüler der Q12 über die potenziell gefährlichen Gruppierungen in fachkundiger Weise aufgeklärt und ihre Ansichten wie auch die Zielsetzungen sachlich und detailliert erklärt, sodass die Schülerinnen und Schüler von seinem Vortrag nur profitieren können.
Felix Dittmar, Sven Hanakam, Tanja Blackert (Q12)