Wer von euch weiß, was die Identitäre Bewegung wirklich ist und wie sie agiert? Vermutlich geht es euch wie den 12. Klassen, in denen knapp 60% noch nie von der Identitären Bewegung gehört haben oder wissen, worum es sich bei dieser handelt? Dies durften sie allerdings in einem Vortrag von Herrn Jochen Zellner, der für die Europäische Akademie Bayern als Stellvertretender Leiter arbeitet, erfahren.
Die Identitäre Bewegung bezeichnet sich selbst als die am schnellsten wachsende, patriotische Bewegung Europas. Sie haben ihren Ursprung in Frankreich, breiteten sich allerdings auch in weitere europäische Staaten aus. Die in Regional- und Ortsgruppen aufgegliederte Bewegung erreichte Deutschland und Österreich im Jahr 2012 und umfasst aktuell 600 dem Verfassungsschutz bekannten Mitglieder, beziehungsweise im Jahr 2020 geschätzte 700 Mitglieder bundesweit. Die Zahl der als rechtsradikal eingestuften Personen und die der rechtsextremistischen Straftaten steigt aber auch allgemein und die IB hält sich momentan zurück, um Rückhalt in der Bevölkerung zu bekommen. Allerdings ist die Mitgliederzahl und die Zahl der Sympathisanten der Identitären Bewegung schwer zu überblicken, da die Identitäre Bewegung vor allem über die sozialen Netzwerke agiert und sich die Sympathisanten häufig mit denen anderer rechtsradikaler Gruppen überschneidet. Um beim Verfassungsschutz aufzufallen, müssen Personen allerdings rechtswidrig handeln, auch wenn die Identitäre Bewegung als rechtsradikal eingestuft ist. Das liegt in diesem Fall vor allem daran, dass die IB keine Partei ist und über keine Mitgliederliste verfügt. Die IB selbst bezeichnet ihr Ziel als "konservative Revolution" und spricht nun von "Ethnien" statt "Rassen", um nicht in der Bevölkerung als Neonazis erkannt zu werden. Ihre Ziele sind es unter anderem, die, laut ihnen, von der Regierung geplante „Muslimische Invasion" mit allen Mitteln zu verhindern. Sie sehen den Islam als die größte Gefahr für Europa und fordern ein Europa starker Nationalstaaten. Ihre Ideologie stellt sich gegen unsere Demokratie und freiheitlichen Werte, sie würden lieber den Staat in eine homogene Bevölkerung umbauen und Heterogenes auslöschen. Auch sind Wahlen für sie nicht entscheidend, ihr System basiert auf keinem Rechtsstaat. Sie halten eine Diktatur für demokratischer als die Demokratie. Mit dieser Ideologie kommen sie offensichtlich in Konflikt mir geltendem Menschen- und Völkerrecht.
Ihre Strategien für die Erreichung der "Kulturrevolution von rechts" ist vor allem, mit Personen jüngerer Generationen ins Gespräch zu kommen, ohne ihre Ideologie preis zu geben. Zuerst verstricken sie Personen in ein allgemeines Gespräch, später werden sie "unverbindlich" zu gemeinsamen Veranstaltungen eingeladen. Dabei wirken sie oft seriös, da viele "Bildungsveranstaltungen" in professionellem Rahmen wie dem des IfS (Institut für Staatspolitik) stattfinden. Dabei durchlaufen Sympathisanten eine Gehirnwäsche.
Die Aktionsform der IB besteht häufig aus kleineren Aktionen, bei denen Banner und Plakate mit dem Symbol der Bewegung gezeigt werden. Diese werden durch das Internet verbreitet und erreichen dort eine große Reichweite. Auf den entsprechenden YouTube-Kanälen von bekannten Personen der Bewegung werden aber dazwischen häufig auch völlig harmlose Videos hochgeladen, um die Ideologie nicht zu offensichtlich zu machen und verdeckt Sympathie zu wecken.
Bei Aktionen ist den Mitgliedern jedes Mittel recht, Hauptsache sie generieren Aufmerksamkeit. Das reicht vom Abschreiben kommunistischer Texte zur eigenen Nutzung in der rechtsgesinnten Ideologie, über Herausgeben des "rechten Handbuchs für Medienguerillas" und dem Übernehmen einer Patenschaft für Flüchtlinge, um diese zur Rückkehr zu bewegen, bis hin zum Verbrennen der eigenen Person. Eine der bekanntesten Aktionen, die als geglückt von den Radikalen verkauft wurde, ist die Initiative "Defend Europe". Dabei charterte die IB ein Schiff, um Flüchtlinge im Mittelmeer zurück zu stoßen und NGOs, die sich in der Flüchtlingshilfe einsetzen, von ihrer Arbeit abzubringen. Allerdings war das Boot ironischerweise von einer Besatzung von Migranten gesteuert und geriet am Ende der Aktion selbst in Seenot, bei der die eigentlich in der Flüchtlingshilfe aktiven NGOs helfen sollten, was die IB aber strikt ablehnte. In der Öffentlichkeit verkauften sie diese Aktion allerdings als geglückt.
Erfolg hat die Bewegung auch dadurch, dass sie vor allem einprägsame Botschaften nutzt, wie beispielsweise "Heimat-Freiheit-Tradition-Multikulti Endstation". Bemerkenswert ist aber, dass die Bewegung vor allem aus jungen Menschen besteht, vorwiegend aus Studenten und Studentinnen, die unter anderem in Burschenschaften organisiert sind, aber auch Schülern und Soldaten, bei denen dies ohne Folgen bleibt, solange sie keine rechtswidrigen Taten begehen. Dabei ist beachtenswert, dass das Frauenbild der Bewegung ein besonderes ist. Zwar werden Frauen als kämpferisch dargestellt, sie sollen aber zum Mann aufschauen und diesem dienen. Gleichzeitig wendet sich die Bewegung mit allen Mitteln gegen Zuwanderung, die ein zentrales Thema innerhalb der IB darstellt, da Flüchtlinge "unsere deutschen Frauen" missbrauchen und vergewaltigen würden, bekannt ist hier unter anderem die Aktion #120dB, die die IB für sich nutze.
Die Identitäre Bewegung finanziert sich und ihre Aktionen vor allem durch Merchandising und Spenden naher Organisationen und anderer rechtsradikaler Bewegungen. Sie stehen in Deutschland vor allem Bewegungen, wie Pegida und Parteien wie der NPD oder der AfD nahe, sind aber auch weltweit vernetzt. Europaweit versammeln sich im Sommer jedes Jahr alle Bewegungen zur "Summer School", die dem Austausch der verschiedenen Gruppierungen dient.
Innerhalb der Bewegung sind sich die Mitglieder aber lange nicht so einig wie es nach außen hin scheint. Es gibt Diskussionen über die Wirtschaftsform, das Christentum und, ob die Bewegung im vorparteiischen Raum bleiben soll.
Aus all diesen Fakten schließt Herr Zellner, dass es sich bei dieser Bewegung um eine Gefahr für unseren Rechtsstaat handelt, weil sie kaum zu überblicken und kontrollieren sind und auch das Löschen der Accounts nicht hilft, da dann nur neue "aus dem Boden schießen". Gegen diese Gefahr hilft nur Bildung und Information, wie sie die Q12 in dieser interessanten Veranstaltung erhielt, sowie das Überprüfen angeblicher "Nachrichten" und "Fakten". (Herr Zellners Tipps zur Prävention: www.volksverpetzer.de, www.mimikama.at, www.dergoldenealuhut.de )
Romy Schidel, Q12